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12.000 € Entschädigung für Stalking-Opfer

Das OLG Stuttgart bestätigt Geldentschädigungsanspruch in Höhe von 12.000 € gegen Stalker

Stalking-Opfern können bei schwerwiegender Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Geldentschädigungsansprüche zustehen.

Der Beklagte stellte der Klägerin entgegen ihrem ausdrücklich erklärten Willen über einen Zeitraum von über zwei Jahren mehrfach im Bereich der Arbeitsstätte und der Wohnung nach. Darüber hinaus schrieb er der Klägerin und deren Arbeitskollegen zahlreiche E-Mails mit Liebesbekundungen, Beleidigungen und sexuellen Inhalten. Nachdem eine Gefährderansprache durch die Polizei erfolglos blieb, erwirkte die Klägerin mehrere einstweilige Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz. Diese untersagten dem Beklagten, sich der Klägerin zu nähern sowie jegliche Kontaktaufnahme. Jedoch unterließ es der Beklagte auch nach der Verhängung von Ordnungsgeldern und einer an ihn gerichteten Abmahnung nicht, die Klägerin weiter zu belästigen.

Geldentschädigungsanspruch im Berufungsverfahren bestätigt

Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 16.03.2017 – 6 O 77/16 – unveröffentlicht) hat den beklagten Stalker auf die für unsere Mandantin erhobene Klage zu einer Geldentschädigung von 12.000,00 € sowie zur Erstattung von Anwaltskosten wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB iVm Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) und Verstoßes gegen den „Stalking-Paragraphen“ (§ 823 Abs. 2 iVm § 238 Abs. 1 StGB) verurteilt. Außerdem stellte das Landgericht fest, dass der Stalker verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund der Verletzung ihrer Gesundheit und Persönlichkeit während des Zeitraums der Verletzungshandlungen noch entstehen werden. Die dagegen gerichtete Berufung des Stalkers hat das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 18.12.2017 (Az.: 6 O 77/16) als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Das Landgericht wertete die hartnäckigen Belästigungen durch den Beklagten als schwerwiegende Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Bei der Bemessung der Geldentschädigung wurde unter anderem berücksichtigt, dass der Beklagte die Klägerin in fast allen Lebensbereichen behelligt hat, indem er sie an deren Arbeitsstätte und Wohnort aufsuchte und fortdauernd per E-Mail kontaktierte. Die teilweise beleidigenden und sexuellen Inhalte der E-Mails beurteilte das Gericht als Eingriffe in die Intimsphäre, welche darauf ausgerichtet waren, die Klägerin in ihrem Kollegenkreis herabzusetzen und zu diskreditieren. Auch sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Beklagte die Klägerin in große Angst versetzt und sie ihrer Unbekümmertheit und Lebensfreude beraubt hat. Ebenfalls berücksichtigte das Gericht die Präventivfunktion der Geldentschädigung (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 Rn. 38) und nahm Bezug auf ein Urteil des LG Kiel (Urteil vom 03.07.2012 – 17 O 77/11), welches in einem anderem Stalking-Fall eine Geldentschädigung in Höhe von 20.000,00 € für angemessen erachtete.

Der Beklagtenvertreter rügte – erfolglos – die fehlende Prozessfähigkeit seines Mandanten, mit der Begründung dieser leide unter dem sog. De-Clérambault-Syndrom (Liebeswahn) und sei daher psychisch erkrankt. Diesen Einwand wies das Landgericht mangels ausreichender Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten zurück. Auch zur Einholung eines medizinisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens sah sich das Gericht aufgrund der konkreten Umstände nicht veranlasst. Das Urteil des Landgerichts wurde vom OLG Stuttgart vollumfänglich bestätigt.

Der Stalker wurde zudem im parallelen Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt. Die Strafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen hat der Stalker Rechtsmittel eingelegt.

Fazit:
Das Urteil stärkt die Rechte von Stalking-Opfern und zeigt, dass diesen – neben Unterlassungsansprüchen – erhebliche Geldentschädigungsansprüche gegen den Stalker zustehen können.

Ihr Ansprechpartner:
Rechtsanwalt Dr. Thomas A. Degen
Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht)
Zertifizierter Datenschutzbeauftragter TÜV Süd (DSB-TÜV)



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